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Deutschland - 22.05.2019

Rostock: Däne will Oberbürgermeister ohne deutschen Pass werden

Claus Ruhe Madsen (parteilos): Der Däne will erster Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt mit einem ausländischen Pass werden. (Quelle: Bernd Wüstneck/dpa)

In Rostock könnte es bald den ersten Oberbürgermeister einer Großstadt ohne deutsche Staatsangehörigkeit geben. Der parteilose Däne Claus Ruhe Madsen soll gute Chancen auf eine Stichwahl haben.

Die Hansestadt Rostock braucht nach 14 Jahren mit dem parteilosen Roland Methling an der Spitze einen neuen Oberbürgermeister. Ein Ausländer als aussichtsreicher Kandidat macht den Wahlkampf außergewöhnlich.

„Darf ich dir Socken schenken?“, ruft der Rostocker Oberbürgermeisterkandidat Claus Ruhe Madsen einem älteren Mann zu. Als der ein bisschen grummelig ablehnt, folgt die Frage: „Hast du keine Füße?“ Eine eher ungewohnte Ansprache von einem Kandidaten, der gleichzeitig immer wieder mit seinem Dasein als Unternehmer Werbung für sich macht. Der 46-Jährige ist parteilos und vor allem Däne, was an der Sprachmelodie erkennbar ist. Sein markanter Vollbart ziert seinen Online-Auftritt genauso wie die Socken, die er verteilt.

Sollte Madsen gewinnen, wäre er nach Recherchen des Deutschen Städtetags der erste Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt ohne deutschen Pass. Er wird von CDU und FDP unterstützt, neun Kandidaten stellen sich zur Wahl.

Laut politischer Beobachter hat Madsen gute Chancen auf Stichwahl

Für die meisten politischen Beobachter hat der parteilose Chef einer Möbelkette und zwischenzeitliche IHK-Präsident gute Chancen, bei der Wahl am Sonntag zumindest die Stichwahl zu erreichen. Er stehe für einen Politikstil, der vor allem durch Dialog geprägt sei, sagt er. Als Unternehmer sei er näher am Puls als ein Profipolitiker, der Rahmenbedingungen schaffe und erst Jahre später die Auswirkungen davon sehen könne. Für ihn sei die Konsequenz seines Handelns näher, wenn sie etwa mit persönlichen Folgen für Mitarbeiter verbunden sei.

„Die Herkunft alleine reicht nicht, um Oberbürgermeister zu sein“, entgegnet Rostocks Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke), der sich ebenfalls um das Amt bewirbt. „Es gibt ein paar Leute, die wissen, was der Job bedeutet. Manche Leute glauben, sie könnten es.“ Der 40-Jährige spielt unter anderem auf Vorbehalte an, dass Madsen keine Verwaltungserfahrung hat und mit dem Wahlspruch „Gestalten statt verwalten“ antritt. Die bundesweite Publicity, die Madsen dank seiner Herkunft erzielt, ist Bockhahn egal. Er ist sich sicher: „Ich werde der erste linke OB einer deutschen Großstadt.“

Politologin: Es gibt keinen klaren Favoriten

Für Alexandra Gericke, Politologin an der Uni Rostock, gibt es keinen Favoriten. Neben Madsen und Bockhahn sieht sie auch wegen des Bundestrends den grünen Uwe Flachsmeyer in guter Position, genauso wie Finanzsenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski (SPD), der auf viel Verwaltungserfahrung blicken kann. Der gehört beispielsweise zu den Befürwortern der Bundesgartenschau 2025, die mit großen, öffentlich geförderten Investitionen verbunden wäre. Er kann sich auch zu Teilen den Schuldenabbau auf die Fahnen schreiben, der die 14-jährige Amtszeit des parteilosen Roland Methling beherrscht hat.

Der hatte die Stadt 2005 mit rund 210 Millionen Euro Kassenkrediten übernommen, sein Amt verlässt er schuldenfrei. Fast alle Schulen und Kitas wurden modernisiert, doch viele Investitionen blieben liegen. Dazu gehören teure Zweckbauten wie etwa der seit 40 Jahren diskutierte und inzwischen mit 110 Millionen Euro veranschlagte Neubau des Volkstheaters. Es sind aber auch viele Straßen sowie Geh- und Radwege in beklagenswertem Zustand. Für jeden künftigen OB der Hansestadt gibt es Reibungsflächen en masse. Wie viel ein OB als Verwaltungschef wirklich erreichen kann, hängt von der Bürgerschaft ab, deren Zusammensetzung ebenfalls am Sonntag gewählt wird.
 

„Der Däne ist sehr pragmatisch“, beschreibt Madsen sich und seine Landsleute im Unterschied zu Deutschen. „Es gibt neben ‚hygge‘, dem dänischen Wort für Gemütlichkeit, auch ‚pyt‘ für ‚dann ist es halt so‘.“ Das lernten schon die dänischen Kinder. Das bedeute, entspannt und eben pragmatisch sein. „Also mal lieber einen kleinen Schritt machen, als immer nur Großes denken.“

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