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Sport - 12.03.2019

Die dunklen Geister des Chemnitzer FC

Nach der höchst umstrittenen Trauerbekundung für einen mutmaßlichen Neonazi im Stadion stellt der Verein Strafanzeige. Auf DW-Anfrage gibt die Polizei an, der Klub habe sich über Bedenken bewusst hinweggesetzt.

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Himmelblau, wie die Vereinsfarben des FC Chemnitz, ist gar nichts an diesem Montagnachmittag in Chemnitz. Grau in grau hängen die Wolken über der Stadt und der Verein kämpft hektisch, um der Trauer-Affäre Herr zu werden: Der Stadionsprecher wird ausgewechselt. Ein Mitarbeiter der Pressestelle ist freigestellt, ebenso endet die Zusammenarbeit mit der CFC-Fanbeauftragten Peggy Schellenberger.

Schon am Sonntag war Geschäftsführer Thomas Uhlig als Reaktion auf die Vorkommnisse zurückgetreten, „um weiteren Schaden vom Verein abzuwenden“. Das ist auch Hintergrund der Strafanzeige, die am Morgen bei der Staatsanwaltschaft eingeht. Zwei Tage nach den Vorkommnissen sieht sich der Klub von gewaltbereiten Fans zum umstrittenen Trauerbekenntnis genötigt.

Kapitulation vor der „Macht“ der Hooligans?

Robert Claus, Rechtsextremismus-Experte aus Hannover

„Das ist tatsächlich im Bereich des Möglichen“, erklärt Robert Claus, Hooligan-Experte aus Hannover, im DW-Gespräch, „die rechtsextreme Fanszene in Chemnitz ist bestens aufgestellt. Sie gehören schon seit 30 Jahren zu den am besten organisierten, trainierten und vernetzten Gruppierungen in Deutschland und können den Verein tatsächlich unter Druck setzen.“

Aufwind habe die Szene nicht zuletzt seit den gewaltsamen Ausschreitungen in Chemnitz im vergangenen August.

Als reines Opfer der eigenen Fans taugt der CFC dennoch nicht, schließlich hätte er die Möglichkeit gehabt, die Sicherheitsbehörden im Vorhinein einzuschalten, anstatt nun Strafanzeige zu stellen.

Außerdem hatte der Verein das öffentliche Gedenken von Fans und Spielern an den verstorbenen Neonazi Thomas Haller zunächst noch als „ein Gebot der Mitmenschlichkeit“ dargestellt, wenn es auch ausdrücklich keine „Würdigung von Lebensinhalten des Verstorbenen“ sei.

Polizei soll Klub gewarnt haben

Zweifel an der geplanten Trauer wischte der Klub bewusst beiseite, so schildert es Jana Ulbricht, die Sprecherin der Polizei Chemnitz, gegenüber der DW: „Wir haben am Samstagvormittag gerade im Wissen um die Person Haller unsere Bedenken geäußert und auf strafrechtliche Grenzen dieser Trauerbekundung hingewiesen.“ Trotzdem fand sie statt, das habe die Polizei bei einer üblichen Besprechung vor Spielbeginn erfahren. 

Robert Claus sieht auch noch andere Versäumnisse beim Chemnitzer FC: „Es ist keine qualitative Fanarbeit erkennbar,“ so Claus, „es hat zwar Aktionen und Bekenntnisse gegen Rechtsextremismus gegeben, aber das war immer nur oberflächlich, symbolhaft sozusagen.“

Gedenkstättenfahrten oder andere Bildungsangebote, wie sie zum Beispiel in Dortmund angeboten werden, gibt es bei dem Regionalligisten nicht.   

Transparent auch in der Schweiz  

Was der Trauerfall offenbar macht, ist, die breite Vernetzung der mutmaßlich rechtsextreme Fanszene. Denn nicht nur in Chemnitz gab es am Wochenende Transparente zum Tod von Thomas Haller. Auch im Cottbuser Stadion hing ein Banner und offenbar auch in Zürich, beim Spiel der Grashoppers gegen die Young Boys Bern. 

Während der Trauerbekundung auf Anzeigetafel im Stadion: Thomas Haller,zentrale Figur in rechtsextremen Hooligan-Kreisen

Es gebe vielfältige Verbindungen der Gruppierungen innerhalb Deutschlands und darüber hinaus, bestätigt Hooligan-Forscher Claus, „man muss hier, wie der DFB es auch tut, von einem europaweiten professionalisierten Kampfsport-Netzwerk sprechen.“ Deshalb dürfe man sich mit Blick auf die Vorkommnisse nicht auf Chemnitz beschränken, sagt die SPD-Politikerin Hanka Kliese: „Wir fordern endlich eine echte Aufarbeitung, um diese Netzwerke offen zu legen.“

Fraglich, ob die Ermittlungen nach der Strafanzeige dafür Verwertbares zutage fördern können. Angestrengt hat sie der Insolvenzverwalter des Vereins, Klaus Siemon. „Die Würdigung eines Nazis im Stadion des Chemnitzer FC widerspricht meinen tiefsten Grundüberzeugungen“, betont er gegenüber der dpa.

Trikotsponsor hat bereits Konsequenzen angekündigt

Der Kölner Anwalt hatte erst nachträglich von den Vorkommnissen erfahren, eine DW-Anfrage, ob er gedenke aufgrund der Vorkommnisse sein Mandat niederzulegen, ließ er zunächst unbeantwortet.

Leichter wird seine Aufgabe, den Verein auf finanziell solide Beine zu stellen, definitiv nicht. Die Chemnitzer Sparkasse als Trikotsponsor wird ihr Engagement nicht fortführen, was sie allerdings schon den Vorkommnissen im Spiel am Samstag beschlossen und dem Verein mitgeteilt hatte. „Die Ereignisse vom Samstag bestätigen und, dass diese Entscheidung richtig war“, sagte Unternehmenssprecher Sven Mücklich.

Egal ob im Umgang mit rechtsextremen Fans, dem eigenen Selbstverständnis oder der wirtschaftlichen Situation: die Himmelblauen sind in argen Turbulenzen. Nur sportlich läuft es: der CFC ist souveräner Tabellenführer der Regionalliga Nordost. 

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