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Sport - 08.02.2019

Dominik Kahun: „Silber war ein Riesenschritt“

Vor einem Jahr holte das deutsche Eishockey-Team in Pyeongchang Olympisches Silber. Stürmer Dominik Kahun spielt heute in der NHL. Im DW-Interview spricht er über Erinnerungen an Olympia und den Schritt nach Nordamerika.

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DW: Dominik Kahun, vor genau einem Jahr waren sie mit der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft nur eine Minute davon entfernt, Olympisches Gold zu gewinnen. Heute spielen Sie in der NHL. Wie weit weg fühlt sich Pyeongchang für Sie an?

Dominik Kahun: Dadurch, dass ich die Silbermedaille immer bei mir habe, kommen die Erinnerungen immer wieder hoch. Aber natürlich ist es schon eine Zeit lang her, und ich konzentriere mich auf das hier und jetzt, auf Chicago und denke von Spiel zu Spiel. Aber natürlich werde ich dieses Erlebnis nie vergessen.

Sie spielen mittlerweile sogar in der ersten Reihe der Chicago Blackhawks und bekommen viel Einsatzzeit. Wie groß war der Schritt von der DEL in die NHL?

Natürlich kann man es kaum vergleichen, es ist eine ganz andere Welt. Der größte Unterschied ist einfach die Anzahl der Spiele. Man spielt jeden zweiten oder dritten Tag, man kommt nie zu Ruhe. Es ist nicht so wie in München, wo man die ganze Woche trainiert und nur am Wochenende spielt, sondern man muss bereit sein, sich jeden zweiten Tag auf den nächsten Gegner und für das nächste Match zu motivieren.

Wie war es, das erste Tor in der NHL zu erzielen, und was haben Sie gefühlt, als Ihnen beim „Winter Game“ vor 76.000 Zuschauern ein Treffer gelungen ist?

Jedes Jahr ein Riesen-Event: Das Winter Game im Football-Stadion von Notre Dame

Natürlich war das erste NHL-Tor eins meiner schönsten überhaupt. Dass ich ein Tor im „Winter Game“ erzielen konnte, war persönlich etwas Besonderes. Ich habe jetzt bei jedem großen Event ein Tor gemacht: bei der WM, bei Olympia, in den Playoff-Finals der DEL und in der NHL. Das ich das auch beim „Winter Game“, dem nächsten großen Event, geschafft habe, macht es umso schöner.

Sie sind zum Trainingscamp der Chicago Blackhawks im Sommer eingeladen worden und haben es ins Team geschafft. Hat Sie das selbst überrascht, oder hatten Sie erwartet, dass Sie sich auch bei einem großen Klub durchsetzen würden?

Das war natürlich das Ziel, mit dem ich rübergegangen bin. Das es so schnell gehen würde, habe ich vorher nicht unbedingt erwartet, oder auch, dass ich die Chance bekomme, in der ersten Reihe zu spielen. Ich wusste aber, dass ich es kann, und ich hatte schon das Selbstvertrauen, das man mit wachsender Erfahrung aufbaut.

Lassen Sie uns über ihre Entwicklung sprechen: Sie sind 2012 als 17-Jähriger zu den Sudbury Wolves in eine kanadische Jugendliga gewechselt und haben zwei Jahre später ihre Profi-Karriere bei Red Bull München gestartet. Wie wichtig war es für Ihre Entwicklung, ein paar Jahre lang auf den kleineren Eisflächen in einer der besten Jugendligen der Welt zu spielen? Und wie wichtig waren die Jahre in der DEL?

Sudbury war für meine Entwicklung sehr wichtig, allein diesen Schritt zu wagen und nach Nordamerika zu gehen. Meine Zeit in München hat mir auch sehr geholfen, das war meine erste Profi-Mannschaft, da konnte ich mir von den anderen, erfahreneren Spielern viele Dinge abschauen. Was es bedeutet, Profi zu sein, wie man sich verhält, auf und neben dem Eis. Das war für mich sehr wichtig.

Zwischen 2016 und 2018 wurde Dominik Kahun mit Red Bull München dreimal deutscher Meister

Eishockey liegt in Deutschland, was das Zuschauerinteresse angeht, weit hinter Fußball zurück. Glauben Sie, dass Erfolge wie ihre Silbermedaille in Pyeongchang bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland eine Art Eishockey-Boom auslösen können?

Die Silbermedaille zu gewinnen, war ein Riesenschritt nach vorne. Aber Eishockey ist in Deutschland immer noch sehr weit von dort entfernt, wo die Verantwortlichen es gerne sehen würden. Und wir wissen alle, dass Fußball für alle Zeiten die Sportart Nummer eins in Deutschland bleiben wird.

Aktuell spielen sechs Deutsche in der NHL, was eine deutliche Steigerung ist zu den Zeiten, als es immer nur einen oder zwei deutsche NHL-Profis gab. Der ehemalige Bundestrainer Marco Sturm ist der erste Trainer in der NHL, der in Deutschland Eishockeyspielen gelernt hat. Er arbeitet als Assistenztrainer der Los Angeles Kings. Wie wichtig ist es für die Entwicklung des deutschen Eishockeys, dass deutsche Spieler – und jetzt auch Trainer – in der besten Liga der Welt dabei sind?

Es ist das Gleiche wie mit Olympia. Es ist einfach eine gute Werbung für das Eishockey und zeigt, dass immer mehr Deutsche dazu in der Lage sind, sich in Nordamerika durchzusetzen, ob als Spieler oder Trainer. Es sollte eine Motivation für den Rest der Spieler sein, die in Deutschland oder in Europa spielen. Man sieht ja, dass es geht, wenn man Erfolg mit Deutschland hat und in der DEL gut spielt. Ich denke, dass mit der Zeit immer mehr Scouts nach Deutschland schauen werden. Ich bin daher fest davon überzeugt, dass immer mehr Deutsche eine Chance in der NHL bekommen werden.

Dominik Kahun mit Toni Söderholm (l.)

Abschließend noch eine Frage zur Nationalmannschaft: Unter Marco Sturm hat sich das deutsche Team stark verbessert – Höhepunkt war die Silbermedaille in Südkorea. Was wissen Sie über den neuen Bundestrainer, den noch recht unerfahrenen Toni Söderholm? Wie zuversichtlich sind Sie, was die Zukunft unter seiner Leitung angeht?

Ich habe mit Toni noch vor drei Jahren in München zusammengespielt. Er war Verteidiger. Ich habe damals schnell gemerkt, was für ein großartiger Typ er ist. Er kann richtig gut mit den Spielern kommunizieren. Man fühlt sich wohl unter ihm, und ich freue mich auf die Zeit mit ihm.

Dominik Kahun, 23, spielt seit dieser Saison als Stürmer für die Chicago Blackhawks in der National Hockey League (NHL). In Tschechien geboren, kam er als Kind nach Deutschland und lernte hier Eishockey zu spielen, unter anderem in der Jugendabteilung der Adler Mannheim. Zwei Jahre lang spielte er für Sudbury Wolves in der Ontario Hockey League (OHL), einer kanadischen Jugendliga, bevor er seine Profikarriere beim DEL-Klub Red Bull München startete.

Das Interview führte Chuck Penfold

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