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Sport - 07.01.2019

Jemens Nationalteam: „Gib niemals auf“

Im Jemen herrscht Bürgerkrieg. Die Fußballer des Landes an der Südspitze der Arabischen Halbinsel lassen sich dadurch aber nicht ermutigen. Sie trainieren hart – und haben es bis zum Asian Cup geschafft.

Seit über drei Jahren fallen im Jemen die Bomben. Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Auch sportlich hat sich der Krieg bemerkbar gemacht: Die nationale Fußball-Liga machte eine Zwangspause. Auch internationale Spiele finden im Jemen aus Sicherheitsgründen nicht mehr statt. Trotzdem hat sich das Nationalteam des Landes für die Asienmeisterschaft 2019 qualifiziert.

Entschlossen haben sich die Spieler über alle politischen Differenzen hinweggesetzt. Trotz der politischen Zerrissenheit im Jemen repräsentiert das Team sämtliche Regionen des Landes: den von den aufständischen Huthis kontrollierten Norden ebenso, wie den Süden, in dem die legitime Regierung ihren Sitz hat.

So jubelten alle Bürger des Landes gemeinsam, als die Mannschaft sich für den Asian Cup qualifizierte. „Die Jemeniten haben in diesem Moment die Bomben und Gewehre sowie ihre Sorgen vergessen“, sagt Bashir Sinan, der Präsident der jemenitischen Vereinigung für Sportmedien, im Gespräch mit der DW. „Düsternis und Gewalt waren für einen Moment den Feiern gewichen, die im ganzen Land stattfanden. Alle Jemeniten waren begeistert von ihrer Mannschaft.“

Ortswechsel im Zeichen der Politik

Das entscheidende Qualifikationsspiel (2:1 gegen Nepal) absolvierte die Mannschaft in Doha, der Hauptstadt Katars. Das Land dient dem jemenitischen Fußballverband während des Krieges als Ausweichstation. Dort trainierte das Team auch im Vorfeld der Asienmeisterschaft. In Doha absolvierte es auch die Freundschaftsspiele gegen den Libanon, Palästina und Tadschikistan.

Zerstörtes Land Jemen: Eine Aufnahme aus der Hauptstadt Sanaa

Im November fand das Training unter anderem in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, statt. Als die Spieler anschließend wieder nach Doha reisen wollten, stellte Riad sich Medienberichten zufolge quer. Die Saudis wollten die Jemeniten nicht zurück nach Katar lassen. Der Grund: Saudi-Arabien und Katar sind zutiefst miteinander zerstritten. Vor anderthalb Jahren verhängte Saudi-Arabien einen Handelsboykott über den kleinen Nachbarstaat. Die jemenitische Mannschaft wich darum Mitte Dezember nach Malaysia aus.

Allerdings seien die jungen Spieler häufige Ortswechsel gewöhnt, sagt der jemenitische Minister für Jugend und Sport, Nayef al-Bakri, im DW-Interview. „Wir hatten auch für die Jugendmannschaft bereits Trainingslager in verschiedenen arabischen Ländern, zum Beispiel in Ägypten und in Katar.“ Es gebe auch keinen politischen Druck auf die Mannschaft. „Wir trainieren in einem ganz normalen Camp, auch wenn ein Staat den anderen boykottiert.“

Sportliche Odyssee

Anders sieht es Bashir Sinan. „Nach dem Ende des Trainings in Riad war eigentlich die Rückkehr nach Doha vorgesehen. Dann aber wurden wir aus politischen Motiven ausgebremst und konnten nicht nach Doha zurückkehren. Welchen Vorteil sollte es bringen, das jemenitische Team in Malaysia trainieren zu lassen?“

Die meisten an der Asienmeisterschaft teilnehmenden Mannschaften haben sich ein Trainingslager auf der arabischen Halbinsel ausgesucht – nicht zuletzt auch, um sich an die dortigen klimatischen Bedingungen zu gewöhnen.

Hart am Ball: Szene aus einem Freundschaftsspiel Jemen gegen Saudi-Arabien

Entsprechend überrascht war Sinan über den Umzug nach Malaysia: „Das jemenitische Team ist das erste und das letzte Opfer der politischen Spannungen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Leistung. Wenn man nicht will, dass unsere Mannschaft in Doha trainiert, soll man ihr ein kleines Camp in Riad oder einer anderen saudischen Stadt geben.“

Geschichte und Traum

Die Fans unterstützen ihr Team unterdessen nach Kräften. Die jemenitische Hochschule entwarf zugleich eine Kampagne mit dem Hashtag „Jemen_die Geschichte_Asien-der Traum“. Jemen, so die Botschaft, sei trotz des gegenwärtigen Kriegs und der damit verbundenen Zerstörung weiterhin ein Teil der Gegenwart und der Geschichte. Und die Qualifikation für die Asienmeisterschaft sei bereits jetzt ein Traum, wie immer das Ergebnis am Ende auch aussehe. „Bei der Kampagne geht es darum, größtmögliche Unterstützung für die Mannschaft zu gewinnen“, so Sportexperte Sinan.

Ebenso hofft man, die jungen Jeminiten über alle politischen Spannungen und Differenzen hinweg hinter dem Team vereinen zu können. „Wir sind uns im Klaren darüber, welches Potential das Team in dieser Hinsicht hat“, sagt Sportminister al-Bakri. „Es könnte sämtliche Jemeniten hinter sich bringen, die im Inland ebenso wie die im Ausland.“

Ganz nebenbei habe die Mannschaft eine Botschaft an die Bevölkerung ebenso wie an die Politik: „Lassen wir die Gewehre schweigen und einen vernünftigen Dialog und Frieden an ihre Stelle treten.“

„Gib niemals auf“

Macht die Jemeniten fit für die Asienmeisterschaft: Trainer Ján Kocian

Einen Monat vor Beginn der Meisterschaften hatte der asiatische Fußballverband gemeinsam mit den Fans für jede der teilnehmenden Mannschaft einen Slogan ausgesucht. Der der jemenitischen Mannschaft lautet: „Gib niemals auf“ – eine Anspielung auf den Durchhaltewillen des Teams, das trotz aller Widrigkeiten an seinen sportlichen Zielen festhielt.

Nun spielt das Team in Gruppe D, zusammen mit dem Irak, dem Iran und Vietnam. Den Fans ist klar, dass ihr Team es aufgrund der unregelmäßigen Vorbereitungen schwer haben wird. Außerdem mussten die Spieler kürzlich noch einen Trainerwechsel verkraften. Ende Oktober trat der ehemalige Bundesliga-Profi Jan Kocian aus der Slowakei an die Stelle des Äthiopiers Ashenafi Bekele.

Für die Jemeniten ist die Asienmeisterschaft eine gewaltige Herausforderung. Doch sie sind entschlossen, ihren Landsleuten schöne Spiele zu bieten, auf dass sie die Gedanken an Krieg und Tod ein weiteres Mal vergessen.

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