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Sport - 02.12.2018

Kommentar: DFL und DFB sollten Fanproteste ernst nehmen

Eine Halbzeit lang null Stimmung in Deutschlands Stadien – angesichts der fortschreitenden Entfremdung zwischen Vereinen und Fans sollten bei den Verantwortlichen die Alarmglocken läuten, meint Stefan Nestler.

Wieder war das Dortmunder Stadion an diesem Samstag mit 81.365 Zuschauern ausverkauft, doch in jeder Kneipe im Umfeld dürfte mehr Stimmung geherrscht haben, als auf der legendären schwarzgelben Südtribüne während der ersten 45 Minuten. In allen Stadien der ersten und zweiten Bundesliga protestierten die organisierten Fans an diesem Wochenende mit einem Stimmungsboykott in der ersten Hälfte gegen Montagsspiele in allen Ligen. Unterstützung erhielten die Dortmunder Fans nach dem 2:0-Sieg gegen den SC Freiburg von BVB-Trainer Lucien Favre. „Ich verstehe total, dass die Leute protestieren. Ich würde alle Spiele am Montag total verbieten“, sagte der Schweizer. „Aber ich bedauere es für uns. Denn die Fans bringen uns viel. Wir brauchen die Unterstützung.“

Fan-Interessen fallen hintenüber

Die Wut der Fans ist nachvollziehbar. Sie richtet sich nicht nur gegen Montagsspiele, sondern die fortschreitende Zerstückelung der Spieltage. Auch dem letzten Fußballanhänger dürfte klar sein, worum es dabei geht: Geld, sehr viel Geld. Bei zersplitterten Spieltagen können mehr Partien live im Fernsehen gezeigt werden, womöglich sogar auf verschiedenen TV-Kanälen, und dafür gibt es Kohle satt für die DFL und die Vereine. Nur das zählt, die Interessen der Fans fallen hintenüber. Sollen sie doch einen Urlaubstag nehmen, wenn sie ihre Mannschaft am Montag zu einem Auswärtsspiel begleiten wollen! Sollen sie doch das Sonntagsfrühstück und -mittagessen mit der Familie ausfallen lassen, damit sie pünktlich um 13 Uhr im Stadion sind!

Kaum mit Lebensrhythmus vereinbar

Stefan Nestler

Die DFL wird einwenden, dass die Erstligisten doch gerade erst beschlossen haben, die Montagsspiele der Bundesliga ab der Saison 2021/22 – wenn der aktuelle Fernsehvertrag ausläuft – wieder abzuschaffen. Es spricht für die Fanszene, dass sie sich damit nicht zufrieden gibt und sich solidarisch zeigt. Denn in der zweiten Liga sieht es für die Fußballanhänger noch schlimmer aus: Die Anstoßzeiten dort sind fast durchgängig nicht mit dem normalen Arbeits- und Lebensrhythmus vereinbar: Freitag, 18.30 Uhr, Samstag, 13 Uhr, Sonntag, 13.30 Uhr, Montag, 20.30 Uhr.

Fortschreitende Entfremdung

Die Fans fühlen sich zu Recht als Opfer der Vermarktungsspirale – nicht nur, was die Spielpläne angeht. Auch die hohen Ticketpreise haben zu der seit Jahren fortschreitenden Entfremdung zwischen Vereinen und Fans beigetragen. „Die Zeit ist reif: Holen wir uns den Fußball zurück – von der ersten bis zur letzten Liga!“, heißt es in einer Erklärung der organisierten Fanszenen. Die Botschaft ist deutlich: Höchste Zeit, dass die Verantwortlichen bei DFB und DFL sie nicht nur hören, sondern auch ernst nehmen und weiter auf die Fans zugehen. Denn ohne Stimmung auf den Rängen ist der Profifußball zwar vielleicht nicht tot, aber blutleer.

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