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Sport - 07.02.2019

Rudi Assauer: „Macho“ der Herzen

Mit seiner unnachahmlichen Art prägte Rudi Assauer den FC Schalke und die gesamte Bundesliga. Seine Alzheimer-Erkrankung machte er öffentlich und stieß damit eine Debatte an. Mit 74 Jahren ist der Ex-Manager gestorben.

Wäre er dabei gewesen, hätte er diese Momente besonders genossen.  „Rudi Assauer “ sangen die Fans in der Nordkurve immer wieder. Das ist dort in der Gelsenkirchener Arena, wo die treuesten Anhänger des Klubs sich stets versammeln und  „ihren“ FC Schalke 04 begleiten. Das DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Fortuna Düsseldorf (4:1) spielte an diesem Abend eine untergeordnete Rolle.

Es ging vielmehr um den Mann, der einen Großteil seines Lebens mit und für diesen großen Ruhrgebietsklub verbracht hatte. Assauer liebte die große Bühne und er war fast zwei Jahrzehnte ein bestimmender Kopf dieses Vereins. In dieser Zeit führte er die Königsblauen aus einer schweren finanziellen Schieflage heraus bis zu einem Europapokalsieg (1997). Über eine an Dramatik nicht zu überbietende „Meister der Herzen“-Saison (2001) lenkte er seinen Klub bis in die oberen Tabellenregionen der Bundesliga.

„Wir alle wissen, ohne Rudi wären wir alle nicht hier. Rudi ist der Architekt des modernen Schalke“, hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies vor dem Anpfiff gegen Düsseldorf gesagt und stand dabei auf dem Rasen der Arena, die sich der Manager einst erdachte, um den Klub in eine moderne Zukunft zu führen.

Assauer von den Fans verehrt bis heute: die Schalker Nordkurve vor dem Pokalspiel gegen Düsseldorf

Auf Schalke die Erfüllung gefunden

Assauer, der am Hertener  „Katzenbusch“ aufgewachsen war, inmitten von Bergbau, schlechter Luft und harter Arbeit, hatte sich schon früh auf der Straße beim Fußball und auch im normalen Leben durchsetzen müssen. Mit 14 Jahren hatte er eine Stahlbauschlosser-Lehre begonnen und arbeitete ein halbes Jahr auf der Zeche Ewald in Herten. Er schloss noch eine Bankkaufmann-Lehre an. Seine große Liebe aber war stets der Fußball. Dort kannte er sich aus. Und dort sah er die Chance, seinen ganz eigenen Weg einzuschlagen.

Mit Borussia Dortmund wurde er als Spieler Europapokalsieger (1966), als Manager auf Schalke fand er aber seine Erfüllung. Assauer war ein „Junge von der Straße“, der auch seinen Klub so hemdsärmelig führte, wie er selber war. Dafür liebten ihn die Leute. Der ehemalige BVB-Manager Michael Meier taufte seinen damaligen Kollegen einst „Kaschmir-Hooligan“. Assauer war der  „Macher“ mit der teuren Davidoff-Zigarre im Mundwinkel, der sich und anderen scheinbar keine Fehler erlaubte.

Um deutliche Worte nie verlegen

„Der Assi“, wie er von allen stets respekt- aber auch liebevoll genannt wurde, mimte so häufig den harten Hund. Um einen derben Spruch und deutliche Worte war er nie verlegen. „Erst wenn der Schnee geschmolzen ist, siehst du, wo die Kacke liegt“, merkte er etwa unverhohlen an, als er sich über den einstigen Wettskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer äußerte. Über sein Verhältnis zum Klub sagte Assauer: „Entweder ich schaffe Schalke oder Schalke schafft mich.“

Assauer auf der Höhe seines Erfolges auf Schalke: 1997 mit dem UEFA-Cup neben Trainer Huub Stevens (l.)

Regelmäßig einmal in der Woche „kickte“ er in einer Turnhalle in Gelsenkirchen mit Freunden und auch ortsansässigen Journalisten. Nicht selten haben diese dann direkt zu hören bekommen, was sie wieder „für einen Mist“ geschrieben hatten. Einmal ausgesprochen, war die Angelegenheit für ihn dann auch erledigt. Ausfallen lassen hat er diese Trainingsstunde nie. Zuhause, an der Cranger Straße in Gelsenkirchen, entspannte sich Assauer dann bei Schlagern und Oldies von WDR 4.

Harte Schale, weicher Kern

Rudi Assauer war aber deutlich sensibler und einfühlsamer, als man es hätte auch nur ahnen können. Assauer kümmerte sich um die, die ihm wichtig waren. Die Mitarbeiter und Spieler des Klubs waren Teil seiner Familie, die er manchmal wie ein Patron aber eben auch wie ein herzensguter Papa behandelte. „Ich habe ihm als Fußballer und Mensch so viel zu verdanken. Immer, wenn es mir schlecht ging, konnte ich ihn anrufen. Er war immer für mich da. Bis zuletzt ein Kämpfer“, sagt Ex-Schalke-Profi Gerald Asamoah über seinen „Manager“.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Assauer die Diagnose Alzheimer gestellt bekam. Vor nichts hatte der im Fußballgeschäft fast beängstigend furchtlose Manager mehr Angst, als vor dieser Krankheit, die auch schon seinen Vater viel zu früh überkam.

Assauer Mitte 2017 in der Gelsenkirchener Arena

„Mein Hirn, meine Rübe da oben, funktioniert nicht mehr. Es wird ja nicht besser, eher schlechter. Ich muss mich damit abfinden. Verdammte Hacke“, sagte Assauer im Jahr 2012, als er seine Erkrankung in einem Buch öffentlich gemacht hatte.

Alzheimer ist eine Form der Demenz, an der rund 1,7 Millionen Deutsche leiden und die unheilbar ist. Jedes Jahr treten hierzulande mehr als 300.000 Neuerkrankungen auf.

Untröstlicher Abschied

Sein Abschied von Schalke im Jahr 2006 war für ihn, als ob ihn ein Teil seiner Familie für immer verlassen hätte. Assauer fühlte sich respektlos behandelt, der Klub hatte dagegen bereits Anzeichen seiner Erkrankung erahnt und eine Alternative ausgearbeitet. Das Angebot, Präsident des Klubs zu werden, lehnte er aus Trotz ab. Er fühlte sich von seinem Herzensklub vom Hof gejagt.

Den westfälischen Sturkopf konnte er nie verleugnen. Dieses Ende auf Schalke hat er nie verwunden, auch wenn er die Spiele seines Klubs noch bis Mitte des vergangenen Jahres, bis es seine Erkrankung nicht mehr zuließ, besuchte. Seine große Liebe konnte er einfach nicht im Stich lassen.

Am Mittwochnachmittag hat Assauer den langen und schweren Kampf gegen seine Krankheit verloren. Der letzte  „Macho“ des deutschen Fußballs wurde 74 Jahre alt.

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